Für ein durchdachtes BIM

Oktober 2022

Der Experte

Sarah Meslem

BIM & F&E-Koordinator

Das BIM, was für „Building Information Model/Modeling/Management“ steht, wird immer häufiger eingesetzt. Diese Arbeitsmethode stützt sich auf eine digitale Darstellung des Gebäudes, bestehend aus einem oder mehreren 3D-Modellen, in denen zahlreiche Daten eingefügt sind und die von hunderten Tabellenkalkulationen und weiteren Dokumenten begleitet werden. Wenn man dann den kollaborativen Aspekt dieses Prozesses hinzunimmt, der die Interaktion zwischen einer stets zunehmenden Vielzahl von Beteiligten organisiert, kann das Projekt schnell zu einem heillosen Durcheinander werden.

Angesichts dieser Komplexität war die erste Schwierigkeit technologischer Art, denn es mussten Modelle erstellt werden, die ehrgeizigen Zielen entsprechen und gleichzeitig einen reibungslosen und effizienten Datenaustausch ermöglichen. Heute haben die IT-Lösungen (Software, kollaborative Plattformen) auf diese Problematik reagiert, und zwar sogar über die tatsächlichen Bedürfnisse der Bauherren und Bauleiter hinaus.

Doch mit dieser neuen Macht der IT-Werkzeuge wird es noch leichter, in die Falle des „BIM um des BIM willen machen“ zu geraten. Denn sie ermöglichen die Erstellung immer komplexerer und umfangreicherer Modelle sowie einen stets stärker entwickelten, ja sogar nebulösen Datenaustausch. Heute besteht eine wesentliche Herausforderung darin, den Prozess zu beherrschen, um den richtigen Bedarf aller Beteiligten zu bedienen. Und die Einsicht ist echt, wie die vielen Anspielungen auf diese Problematik auf der BIM World 2022 in Paris zeigen. Auf dieser Messe wurden die damit verbundenen Schwierigkeiten und Herausforderungen mehrfach im Rahmen von Konferenzen angesprochen, bei denen Beteiligte wie Bauherren, Bauleiter, Unternehmen, Juristen und Forscher, aber auch Software- und Plattformanbieter sprachen.

Das BIM ist ein sich wandelnder Prozess, denn es geht darum, sich entsprechend den Gebäudetypologien, der Reife der Beteiligten, den Bedürfnissen der Bauherren oder den Projektphasen weiterzuentwickeln. Dies stets unter Berücksichtigung der sich ändernden Vorschriften, wie z. B. der kürzlich erfolgten Einführung der notwendigen und ehrgeizigen RE2020. Die Werkzeuge ermöglichen es jedoch, immer mehr Einschränkungen und Daten zu berücksichtigen und immer mehr Berechnungen zu automatisieren, was zu einer Beherrschung der Gestaltung führt, die notwendig ist, um diese Vorschriften zu berücksichtigen. Es ist also davon auszugehen, dass sich die Designer noch häufiger dem BIM zuwenden werden. Dies ist eine großartige Gelegenheit, den Prozess an sich weiterzuentwickeln, auch wenn die Gefahr einer übermäßigen Komplexität noch nie so präsent war. Und nicht alle Unternehmen sind darauf vorbereitet.

Neben dem Risiko der übertriebenen Komplexität und des Verlusts von Beteiligten im Laufe des Prozesses steht auch die Qualität der Modelle auf dem Spiel. Es kann schwierig werden, manchmal irrationale Ziele zu erreichen, vor allem, wenn sie nicht von Anfang an klar sind. Schließlich steigt das Risiko, in den Modellen mit fehlenden oder falsch angegebenen Informationen konfrontiert zu sein.

Auf Seiten der Bauherren besteht eines der ersten Ziele des BIM darin, die Verwaltung, den Betrieb und die Instandhaltung von Immobilienvermögen zu erleichtern. Der Fortbestand der immer größeren und komplexeren Dateien wirft Fragen auf. Wenn die Werkzeuge, die den Bauherren bei der Übergabe der Gebäude zur Verfügung gestellt werden, nicht geeignet sind, weil sie zu komplex sind oder nicht den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechen, besteht die Gefahr, dass sie von ihren Teams nicht genutzt werden. Die richtige Definition des Bedarfs schon bereits in der Planungsphase ist notwendig, um mit einer gesunden Grundlage zu arbeiten, die der zukünftigen Nutzung des Gebäudes entspricht.

Da sie zudem aufgrund der eventuellen Behinderung der architektonischen und technischen Planung kritisiert wird, scheint eine Orientierung des kollaborativen Prozesses auf die digitale Nüchternheit notwendig. Laut dem häufig vom Low-Tech-Spezialisten Philippe Bihouix verwendeten Begriff sollte mit mehr „technologischer Umsicht“ (frz. „techno-discernement“) gehandelt werden. Daher sind wir bei Kardham davon überzeugt, dass das BIM, wie jede Technologie und jeder Prozess, dem Projekt und seinen Beteiligten in der gesamten Wertschöpfungskette von Gebäuden dienen muss und nicht umgekehrt.

Erscheinungsdatum : Oktober 2022

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